FSKB Info 2022

Auf Entdeckungstour durch eine kiesige Naturoase

Führungen durch Abbaustellen sind vielfältige Entdeckungsreisen. Die grossen Baumaschinen dominieren zu Beginn, doch bei genauerem Hinschauen entdeckt man auch unterschiedliche Lebensräume und erstaunlich viele verschiedene Tier- und Pflanzenarten – ein Erlebnisbericht.

Frühmorgens ist es noch ruhig in der Abbaustelle. Einzig die Goldammer trällert ihr Lied von ihrer hohen Sitzwarte und die Uferschwalben zeigen zwitschernd ihre Flugkünste. Die herrschende Stille wird aber bald abgelöst, denn ein Maschinist startet den Motor des Pneuladers und beginnt mit dem Abbau von Kies. Im Hintergrund wird die Morgenstimmung vom regelmässigen Rattern des Förderbandes begleitet. Nebenan duckt sich ein Feldhase in der wild bewachsenen Aushubböschung und hoppelt dann in den angrenzenden Pionierwald. Sobald am Abend Ruhe einkehren wird, hält er sich wieder in der ganzen Abbaustelle auf. Die Rehe heben den Kopf, als der Dozer an ihnen vorbeifährt, äsen aber dann gemächlich weiter und lassen sich von den Maschinen nicht gross stören. Für den Besuchenden wirkt diese karge Gegend eher fremd, löst aber zugleich eine Faszination aus. Ein genauer Blick in diese dynamische Landschaft entpuppt sich schon bald als lohnend.

Flora und Fauna im Abbaugebiet …

An der Grubenpiste zur Abbauwand hinuntergehend, findet man unten auf der kargen Fläche das seltene Rosmarin-Weidenröschen. Die attraktiven rosa Blüten ziehen schon bei den ersten Sonnenstrahlen am Morgen Insekten an. Auch Wegwarten, Wilde Möhren und Natterkopf werden von Wildbienen und Schmetterlingen umschwärmt. Die kiesigen nährstoffarmen Flächen sind der ideale Lebensraum für diese einheimischen, teilweise seltenen Pflanzen.

Das Rosmarin-Weidenröschen wächst gerne auf Kiesflächen
Quelle: FSKB

Vor der mächtigen Kieswand stehend ist nicht nur die Höhe beeindruckend, sondern auch die verschiedenen Gesteinsschichten, welche durch Gletscher und Flüsse während der letzten Eiszeit hier abgelagert wurden, sind überwältigend. In einer Sandschicht erkennt man viele Löcher. Das sind Bruthöhlen einer Kolonie Uferschwalben, die in den bis zu 70 cm tiefen Röhren ihre Jungen aufziehen. In der Schweiz brüten Uferschwalben ausschliesslich in Kiesgruben oder in künstlich erstellten Brutwänden. Denn natürliche Brutplätze, Prallhänge mit Sandlinsen entlang von Flüssen, fehlen hierzulande.

In der Schweiz brüten Uferschwalben ausschliesslich in Kiesgruben oder in künstlich erstellten Brutwänden.

.. und bei der Wiederauffüllung

Weiter geht der Rundgang zur Wiederauffüllung. Die Kiesgrube muss in den allermeisten Fällen gemäss den bewilligten Gestaltungsplänen mit sauberem Aushub aufgefüllt werden. In einer wassergefüllten Radspur am Rand der Auffüllung schwimmen Kaulquappen der seltenen Kreuzkröte umher. Auch die Gelbbauchunken, eine weitere seltene Amphibienart, liegen entspannt in dem extra für sie erstellten Tümpel.

Die Gelbbauchunke in ihrer typischen Pose im Wasser
Quelle: FSKB

Neben den Gewässern gibt es eine Kleinstruktur aus Steinen, welche Schulkinder bei ihrem Besuch in der Kiesgrube gebaut haben. Die Sonne ist nun bereits hoch am Himmel und auf einem der Steine sonnt sich eine Zauneidechse. Sie bereitet sich so für die Jagd nach etwas Fressbarem vor. Solche Kleinstrukturen bieten auch Amphibien und anderen Kleintieren perfekten Unterschlupf.

Im Einsatz für die Natur: Unterhalt, Pflege und Endgestaltung

Die Naturflächen in Abbaustellen müssen gepflegt werden, damit sie nicht von unerwünschten Pflanzen eingewachsen werden. So sieht der Besuchende eine Personengruppe, die mit dem Entfernen von Problempflanzen beschäftigt ist. Es wird gejätet und gemäht, damit die Problempflanzen nicht überhandnehmen. Ein Mitarbeiter der Firma ist mit dem Bagger beschäftigt, diese unerwünschten Pflanzenarten zu entfernen. Im Winter werden wo immer möglich mit Bagger oder Dozer neue temporäre Gewässer für die Laichsaison der Amphibien erstellt. Der Maschinist sagt: «Die Einsätze für die Natur führe ich gerne aus. Sie sind sinnvoll und ich kann mit der 30-Tonnen-Maschine mein gestalterisches Können zeigen.»

Eine Personengruppe im Einsatz gegen invasive Neophyten
Quelle: FSKB

Lässt man den Blick schweifen, zieht eine farbenfrohe Wiese die Aufmerksamkeit auf sich. Diese Magerwiese mit zahlreichen Blütenpflanzen wurde im Rahmen der Endgestaltung erstellt und ist ein Teil des ökologischen Ausgleichs. Ein Grossteil der abgebauten Fläche wird wieder zu fruchtbarem Landwirtschaftsland rekultiviert und nach einer mehrjährigen sorgfältigen Folgebewirtschaftung dem Bewirtschafter/Grundeigentümer zurückgegeben.

Eine Tour durch die Abbaustelle offenbart: An diesem Ort spielen die Natur und die Wirtschaft zusammen. Wird kein Kies mehr abgebaut und nicht mehr aufgefüllt, wird der dynamische Lebensraum von einer statischen Landschaft abgelöst. Das Gebiet verliert für Pionierarten die Attraktivität.